Alle Gräber freigelegt

Mehr als 50 Freiwillige arbeiteten auf dem jüdischen Friedhof in Krems am 26. Oktober 2003

„Alle Singers und drei Schaffraneks habe ich frei gelegt„, meint ein 14jähriges Mädchen mit ein bisschen Stolz über ihre Arbeit an diesem Vormittag am 26. Oktober. Hier ist von einer Archäologie der besonderen Art die Rede, kein Sand, Schutt und keine Steine bedeckten vergessene Kulturgüter, sondern Efeu, Unkraut Wurzeln und Erde hatten die 177 Gräber auf dem jüdischen Friedhof zu sonderbaren Pilzen und Figuren verformt und den hinteren Teil des Friedhofes nahezu gänzlich unpassierbar gemacht.

Der Beginn:

Am Ende des Vormittag des Nationalfeiertags war der Friedhof als solcher wieder erkennbar, selbst auf den Gräbern, die von Bäumen schon gänzlich eingeschlossen waren konnte man wieder lesen, wer hier in der mehr als 100 Jahre seit dem der Friedhof besteht, begraben wurde.

Bundesheer:

„Die schönste, das war die Schaffranek, die wir um halb elf freigeschnitten haben, mit 21 Jahren ist sie gestorben„ An manchen Gräbern sind unüblich zum jüdischen Ritus die Personen auch mit Fotos dargestellt. Ein anderer, ein neuer Zugang zu einer seit mehr als 60 Jahren nicht mehr existierenden Gemeinde, denn der letzte und einzige Jude, der wieder nach Krems zurückgekehrt ist, hier gelebt hat ist vor einigen Jahren verstorben. Ein neuer Zugang auch für den Vizeleutnant des Bundesheeres von der Kaserne in Mautern. Zweimal war er bereits mit einem UNO Einsatz in Israel auf dem Golan stationiert. Hebräisch hat er leider nicht gelernt, die Grabsteine und die Sprüche, die er mit den 15 Grundwehrdienern freilegt, kann er nicht lesen.“Zwei mal habe ich schon probiert die Sprache zu lernen, aber viel ist leider nicht hängengeblieben.„

Wolf:

Alle, die an diesem Vormittag gekommen sind, freuen sich, dass auch das Bundesheer mithilft. Auch eine Premiere in der Geschichte der Stadt und des Friedhofes

Schüler:

Mehr als ein Dutzend Schülerinnen von zwei Schulen haben sich eingefunden, noch bevor die Professorin kommt haben sich die Mädchen an einem Grab schon zu schaffen gemacht. Die erste Gräberzeile mit 30 Gräbern ist bereits nach einer Stunde freigelegt, auf der Mauer des Friedhofes stehen drei, fünf manchmal sechs Jugendliche, um die hartnäckigen Wurzeln die auch die Grabsteine, die über die Umfassung hinausragen zu entfernen.

Jugend:

Ein zehnjähriger Bub borgt sich eine Machete aus und schlägt sich durch das Unterholz aus Fliederstämmen.

Stern:

Als die letzten in Österreich lebenden Angehörigen der Familie Wengraf auf dem Friedhof eintreffen, Fritz Wengraf, war der letzte Jude, der 1971 hier begraben wurde, sind sie mehr als gerührt, da sich Fremde um ihr Grab angenommen haben. „So schön war unser Grab schon Jahre nicht mehr. Wir können auch nicht so oft zum Friedhof kommen und alleine hier zu arbeiten und zu sehen wie alles verwildert, das ist deprimierend.„ Manche prachtvolle Gräber des späten 19. Jahrhunderts sind seit Jahrzehnten wieder erkennbar.

Alter:

Weit über 70 waren die ältesten Helfer. Max mit schlohweißem Haar hat sich den Baum der zwei Grabsteine überwuchert hat mit einem 18jährigen und einem Grundwehr diener vorgenommen.

Alter2:

„Fast wie eine Herkules-Arbeit„, scherzt er. Jeder weiß was er zu tun hat, die zwei Gräber, die machen wir noch, meinen zwei junge Frauen, dann ist Schluss, denn vom Schneiden tun uns schon die Hände weh.

Bäume:

Der Berg an Efeu und Gesträuch wächst, um 13 Uhr wird er mindestens zehn Meter lang sein und 2 Meter hoch. Das Ergebnis eines Nationalfeiertages, ein großer Berg verdrängter und mißachteter Geschichte.

Geräte: