Krems 1938-1945
Nach 25 Jahren als Manuskript hat der Verlag Bibliothek der Provinz nun das Werk „Krems 1938-1945. eine Geschichte von Anpassung, Verrat und Widerstand“ publiziert.
Aus dem Inhaltsverzeichnis:
Krems – ein guter Boden für Nationalsozialisten; Die NSDAP in Krems in den Jahren 1931 – 1938.; Der „Anschluss“ und die Folgen; Die geplante Volksabstimmung und der 11. März 1938; Der Abend des 11. März 1938; Die Verteilung der Posten; Das schnelle Geld der ersten Tage; Volksabstimmung 10. April 1938; Die Faust – das beste „deutsche Wort“; Der alltägliche Terror; Die Gleichschaltung der Lokalzeitungen; Die „Faberblätter“; Die „Kremser Zeitung“ unter kommissarischer Verwaltung; Krems – Gauhauptstadt von Niederdonau; Der Bau des Hafens; Die „Schmidhütte“ in Krems; Der Bau an der Gauhauptstadt; Die Bürgermeister von Krems; Dr. Hermann Stingl; Dr. Max Thorwesten; Oberbürgermeister Franz Retter; Der „Fall“ Deleglise – das Schloss Niederranna; Die „Einziehung“ von Stift Göttweig; Die Kreisleiter von Krems; Richard Fischer; Hans Heinz Dum; Anton Wilthum; Judenverfolgung; Religiöses Leben in Krems 1938 – 1945; Der Widerstand in Krems; Deserteure in Krems; Erinnerungsarbeit in Krems an der Donau (…)
Krems 1938-1945. Eine Geschichte von Anpassung, Widerstand und Verrat
ISBN: 978-3-99028-330-1
21 x 15 cm, 528 Seiten, 86 farb. Abb. € 38,00
Zu bestellen im Verlag Bibliothek der Provinz
Vorwörter zu diesem Buch vom Schriftsteller Erich Hackl, Gerhard Botz
(Emerit. O. Univ.-Prof. für Zeitgeschichte und Leiter der Ludwig Boltzmann
Instituts für Historische Sozialwissenschaft, Wien) und Bürgermeister Dr. Reinhard Resch (Krems)
Weitere Fotos (…)
Ausschnitt aus dem Vorwort von Bgm Dr. Reinhard Resch
Landeshauptmann Ing. Leopold Figl hat bei einer Versammlung der NÖ Landesregierung
im Juni 1945 in Krems gemeint: „Die ehemalige Gauhauptstadt Niederdonaus ist nun wieder Krems in Niederösterreich geworden. Ihr erhebendes Bekenntnis zur österreichischen Heimat gehört zu den stolzesten Ereignissen dieser Tage. Krems hat Ordnung gemacht, es ist wieder österreichisch. Wir wissen, dass es noch manches zu tun geben wird, dass gerade hier in Krems die Verräterclique besonders tiefe Wurzeln schlug. Wir wissen aber auch, dass gerade Sie in Krems nicht rasten werden, bevor Sie diesen Nazigeist ausgerottet haben. So hart, wie uns der Naziterror gemacht hat (…), so hart werden wir in unserer Arbeit für die Befreiung Österreichs von der Naziseuche sein.“ (Neues Österreich, 10.6.1945, S. 1)
Vielleicht war Leopold Figl zu optimistisch, die Notwendigkeit der Zusammenarbeit erforderte Kompromisse und auch ein Vergessen. Die Vergangenheit sollte in den Hintergrund treten angesichts der Aufbauarbeit, gleichzeitig waren die Thematiken Mitschuld, Täter und Opfer emotional so belastet, dass sie ausgeblendet wurden. Es hat daher lange gedauert, bis die Bereitschaft da war, die Geschichte umfassend zu dokumentieren, nicht nur in Krems. Und es bestätigt sich immer wieder, dass Erinnerung und Gedächtnis etwas Dynamisches sind, dass Vergangenheit immer im unmittelbaren Bezugsrahmen der Gegenwart entwickelt wird und
sich so der Blick auf die Geschichte verändert – und damit die Form der Auseinandersetzung.
Geschichte wird immer wieder neu verhandelt. Doch schafft der Begriff der Erinnerung auch Ambivalenz, weil immer wieder versucht wird, aus der Vielfalt an oft widersprüchlichen Erzählungen eine homogene Geschichte, also unsere gemeinsame Geschichte zu formen. Der Kremser Historiker Robert Streibel hat für die Erinnerungsarbeit in Krems in den vergangenen 25 Jahren vielbeachtete Beiträge geliefert und wurde nicht müde, den Finger auf die wunden Punkte unserer Geschichte zu legen, wie nun auch sein Buch „Krems 1938 – 1945. Eine Geschichte von Anpassung, Verrat und Widerstand“ belegt. Seine Arbeit ist sehr wertvoll für unsere Stadt – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, dass die Auseinandersetzung mit der Geschichte unumgänglich ist, um Gegenwart und Zukunft zu meistern. Daher werden wir uns in Krems in den nächsten Jahren verstärkt und systematisch der Erinnerungsarbeit widmen.
Krems NS-Verwaltung
Geleitwort des Schriftsteller Erich Hackl
Robert Streibel ist ein Sonderfall unter den Historikern, und ein Sonderfall auch unter den Geschichtspublizisten: akribisch genau in seinen Recherchen; originell in der Art, wie er seine Stoffe ergründet; unbeirrt in seiner Beständigkeit; leidenschaftlich in der Zuneigung zu den Verfolgten. Er reibt sich an der Geschichte, zeigt, wie gegenwärtig sie noch ist, und zwar so, daß diese Gegenwärtigkeit anderen einleuchtet. Er ist also nicht nur Forscher und Chronist, sondern auch ein Geschichtsaktivist, der den Propagandisten des Vergessens und Verharmlosens heimleuchtet. Sein herausragendes, immens spannendes Werk über Krems in der Nazizeit ist zum Teil schon vor Jahren entstanden, hat aber nichts von seiner Aktualität eingebüßt. In ihm steht der Satz: „Das Beispiel Krems zeigt, daß Erfolg in der Gedenkarbeit nur möglich ist, wenn man einen langen Atem besitzt.“ Weil er diesen Atem hat, ist Robert Streibel einer der erfolgreichsten Gedenkarbeiter überhaupt. Auch einer der radikalsten, und von allen, die ich kenne, der am meisten vergnügliche.
Gedenkarbeit: Besuche & im Ausland besucht