Krems als Vorbild für Österreich
Ein Denkmal mit Vorgeschichte
Robert Streibel
Die Stadt Krems, ehemalige „Gauhauptstadt“, Zentrum der illegalen NSDAP vor 1938, ein traditioneller Hort des Antisemitismus seit dem vorigen Jahrhundert, stellt sich ihrer Geschichte. Was für alle österreichischen jüdischen Opfer noch Utopie scheint, wird in Krems 1995 realisiert. Nach mehr als zehn Jahren Vorarbeiten (Vorträgen, Publikationen, Aktionen) konnte 1994 in Zusammenarbeit mit der Kulturabteilung des Landes Niederösterreich und der Stadt Krems das unabhängige und überparteiliche Personenkomitee einen künstlerischen Wettbewerb ausschreiben, zu dem vier Künstler geladen wurden. Es handelte sich dabei um Ernst Degasperi, Franz Graf, Hans Kupelwieser und Leo Zogmayer. Im Zentrum von Ernst Degasperis Entwurf stand ein Betonblock, aus dem 111 Eisenstangen ragen, symbolisch für die vertriebenen und ermordeten Juden. Die Eisenstangen werden durch das mörderische Regime gebrochen und formen eine Art Horn. Franz Graf hat in seinem Entwurf die Heimatlosigkeit thematisiert: Den Juden wurde das Haus und das schützende Dach geraubt. Sein Entwurf sah die Errichtung eines Baues mit einem Flachdach vor, das in Proportion zu den Bäumen auch von außen gesehen werden soll. In dem auf den am Boden liegende Dach sollten die Namen und Daten der Juden verzeichnet werden. Leo Zogmayer sah in seinem Entwurf 111 Metallkuben vor, die in die Erde versenkt nur zu zehn Zentimeter aus dem Boden ragen und die Daten der ermordeten und vertriebenen Juden tragen. Die Anordnung dieser leeren Kästen erfolgt gemäß einer fingierten Projektion der Weltkarte auf den Friedhof, wodurch der Besucher, die Besucherin die Entfernungen der Todes/Vertreibungsorte abschreiten kann. Hans Kupelwieser legt unmittelbar nach dem Eingang im Friedhof eine Erinnerungsspur, eine Schwelle, die Respekt fordert und die auch eine Grenze zwischen Erinnern und Vergessen markiert. Auf einem Fundament schwebt ein Metallband, in dem auf einer Länge von 48 Meter die Namen und Daten der Kremser Juden angeführt sind. Die Jury, das Gutachtergremium des Landes Niederösterreich und Vertreter der Stadt und des Komitees entschied sich nach eingehenden Beratungen einhellig für den Entwurf von Hans Kupelwieser