Text der Gedenktafel
\“Hitler brachte den Wirtschaftsaufschwung und baute Autobahnen„ – diese Einschätzung ist auch nach mehr als sechs Jahrzehnten noch immer oft zu hören.
Die Baracken in Sittendorf wurden im September 1938 ursprünglich für die Arbeiter des Reichsautobahnbaus, den Bau der heutigen A 21, errichtet. In die Baracken werden ein Jahr später französische Kriegsgefangene gesperrt und auf der Baustelle der Autobahntrasse exerzieren Soldaten.
Ob auch Juden für Autobahnbauarbeiten zwangsverpflichtet wurden ist nicht eindeutig gesichert.
In der Folge werden serbische Zivilinternierte in den Baracken untergebracht. Ein Grabstein auf dem Friedhof in Sittendorf nennt 17 Gefangene, die zwischen Mai und August 1942 an Hungertyphus gestorben sind. Tatsächlich waren es weit mehr Menschen, die durch die katastrophalen Zustände ums Leben kamen.\“ … Das war ja furchtbar. Dort haben sie alle Tage … – sagen wir drei, viere sind gestorben, alle Tag. Die ganze Mauer entlang am Friedhof waren nur die Serbengräber. … Auf der linken Seite, wenn man reingeht, bis hinunter waren die Serbengräber. Schön lang haben sie die Holzkreuze stehen gehabt.„
Nach dem Ende der Seuche wurde das Lager geschlossen und für die Aufbewahrung von Material der Flugzeugfabrik in Hinterbrühl genutzt.
In die Baracken des\“Wirtschaftsaufschwung„ zog der Tod ein, nicht nur in Sittendorf.
In der Zeit des Zweiten Weltkrieges wurden im deutschen Reich ausländische Zivilisten, Kriegsgefangene, Juden, KZ-Insassen, Roma, Sinti, Jenische, politisch Verfolgte, Homosexuelle, Deserteure, Zeugen Jehovas und viele andere Menschen zur Zwangsarbeit verpflichtet. Sie arbeiteten vorwiegend in Industrie, Bau- und Landwirtschaft, aber auch in öffentlichen Einrichtungen. Angefordert wurden Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter auch von privaten Personen und Haushalten.
In der Ostmark, den späteren Alpen- und Donau-Reichsgauen, gab es im Herbst 1944 fast 1 Million Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Die Zahl der freien inländischen Arbeitskräfte lag bei 1,7 Millionen. Dabei ging es nicht um willkürliche Beschäftigung und Potenzierung der Wirtschaftlichkeit, sondern ˆ besonders seit dem Beginn des Krieges 1939 ˆ um die grundsätzliche Erhaltung der Wirtschaft: um den dringend notwendigen Ersatz der Arbeitskraft der in den Krieg eingezogenen Männer. In dieser Zeit brachte Hitler den vermeintlichen Wirtschaftsaufschwung, baute Autobahnen.
Der Erinnerungsort\“Barackenlager„ entstand aufgrund der Initiative der Gemeinde Wienerwald und wurde im Rahmen des Projektes\“Geblieben ist dann nur die Autobahn?„ ˆ des Viertelfestivals Niederösterreich – Industrieviertel 2007\“grenzen.los„ ˆ realisiert. Die Eröffnung erfolgte am 8. September 2007.
Ö1 Radio-Beitrag Lager in Sittendorf Sendung „Moment. Leben. Heute “ 20.6.2007 Gestaltet von Natasa Konopitzky
(Zeitzeugin Stefanie Kalchner): „Ich weiß nur, dass wir eine schöne Zeit verlebt haben und kein, es war eigentlich nie irgendwas was, wo wir gesagt hätten, ich nimmermehr hin, weil es mir nicht gefällt oder was, im Gegenteil. “ weiterlesen
Der Wirtschaftsaufschwung, die Reichsautobahn, die Gefangenen und das Kriegsende
Eine Spurensicherung in Sittendorf
Robert STREIBEL
Hitler beseitigte die Arbeitslosigkeit, Hitler bedeutete Krieg. Das sind zwei Einschätzungen, die im Alltag häufig zu hören sind, wobei bei vielen heute älteren Personen der Wirtschaftsaufschwung und die neuen Hoffnungen öfter genannt werden, meist versehen mit dem Zusatz: Man hat doch nicht wissen können, was daraus entstehen würde. Es gibt wenige Beispiele, die augenscheinlich die enge Verbindung dieser beiden Einschätzungen über die Zeit zwischen 1938 und 1945 ˆ Beseitigung der Arbeitslosigkeit und Krieg ˆ deutlich vor Augen führen. Eines dieser Beispiele liefert die Gemeinde Sittendorf. Dies mag auf den ersten Blick überraschend klingen, denn in Sittendorf scheint die Zeit still zu stehen, Veränderung zumindest mit einer starken Zeitverzögerung einzutreten. In der Welt der Literatur ist Sittendorf bislang nur als Fußnote vertreten, denn in der Niederösterreichischen Landesbibliothek wird unter dem Stichwort Sittendorf gerade ein Buch aus dem Jahr 1947 geführt: denn die Kunstwanderungen führen den Interessierten von Laxenburg über Heiligenkreuz auch nach Wildegg und Sittendorf. Das Existieren von Publikationen über die Geschichte bedeutet jedoch noch nicht, daß die Zeit des Nationalsozialismus in allen Dimensionen behandelt wird. Ein Beispiel, das gleichzeitig auch als Beispiel für den Umgang der Nachkriegszeit mit diesen Abschnitt gelten kann, liefert das Buch „Mödling, Landschaft, Kultur und Wirtschaft“, in dem das Kapitel des Nationalsozialismus im Abschnitt „Mödling als Randgemeinde Wiens 1938 – 1945“ behandelt wird und der Autor sehr rasch eine Ernüchterung in der Bevölkerung konstatiert, die der Begeisterung der Frühjahrtagen des Jahres 1938 Platz gemacht habe, ohne jedoch das Ausmaß des Terrors gegen Juden zu schildern oder die Existenz von Lagern für KZ-Häftlinge und Kriegsgefangene zu erwähnen. weiterlesen
Aktion „BodenAchtung“ auf dem jüdischen Friedhof in Krems am 4. Mai. 120 SchülerInnen übernahmen Verantwortung für die Vergangenheit.
Im Eingang des Friedhofes stehen einige Fahrräder, im Zugang lagern Rucksäcke, Schuhe und Jacken. Einige Mädchen kontrollieren die letzten SMS, einige holt ein Telfonanruf in den Alltag zurück. Kein alltägliches Bild bot der jüdische Friedhof in Krems am 4. Mai. Jugendliche wohin man schaut, zwischen den Gräbern, bei den Bibliotheksschränken von Clegg und Guttmann, mit Gartenscheren, Rechen, Schaufeln und Gießkanne und dazwischen auch Lachen. 120 Jugendliche von drei Kremser Schulen BRG Ringstraße, BORG und Piaristengymnasium hatten sich mit vier Klassen an der Aktion „BodenAchtung“ beteiligt. weiterlesen
Aufruf für eine Rückgabe der geraubten Bilder Eine Antwort auf den NÖN-Bericht
Das anonyme Volksempfinden ist etwas wunderbares, ohne Name und Gesicht kann es wie ein Geist herbeigerufen werden und ist ein williger Sklave. Die NÖN beruft sich auf dieses Volksempfinden, das große Empörung zeitigt und bezeichnet es als befremdlich, dass ich als Historiker Krems in ein braunes Eck gerückt und Bildmaterial zur Verfügung gestellt habe, die das belegen. weiterlesen
Januar 30th, 2007 in
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Die Debatte über den „arisierten“ Kremser Schmidt beschäftigt die medien weit über Niederösterreich hinaus. Verschweigen – vergessen – verzögern. Gilt diese in Österreich viel geübte Dreierkombination auf hier. Einige Dokumente und Artikel. Zum Ansehen, lesen und reagieren.
Für Kommentare und Reaktionen dankt
Robert Streibel
Richard Neumann (links) und sein Enkel Tom Seldorff (rechts)
Das anonyme Volksempfinden
Eine Antwort auf den Bericht der NÖN vom 29.1.2007
NOEN 290107
Aufregung über Film
Die Empörung in Krems ist groß. In einem Fernsehbeitrag von „Treffpunkt Kultur„ wurde die Stadt am vergangenen Montag in ein noch immer „braunes Eck„ gedrängt.
Offener Brief der Rechtsanwaltskanzlei an alle Gemeinderäte von Krems
Offener Brief Noll
Schreiben des Bundesministeriums an die Direktion der Gemäldegalerie im Kunsthistorischen Museum vom 15. Jänner 1953. Laut Dr. Noll belegt dieses Schreiben, dass es keinerlei Verzichtserklärung gegeben habe.
Dokument 1953
Der Standard 2.1.2007
„Hoch entzückt“ über NS-Raubkunst Die Stadt Krems weigert sich, zwei Gemälde von Johann Martin Schmidt aus „Arisierungen“ zurückzugeben
Der Standard 020107
Restitutionsstreit um Kremser Schmidt: Stadt Krems zieht Experten bei Zur Klärung der Besitzverhältnisse zweier 1938 enteigneten Werke aus den Beständen des Kremser Weinstadtmuseums
IKG Kremser Schmidt
Januar 22nd, 2007 in
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